Logo

XVI. Andere äußere Faktoren und mögliche Behandlungen

Ich denke es wäre naiv zu denken, daß jeder einzelne Fall von MS die gleiche Ursache hätte, und daß die meisten Fälle nur eine einzige Ursache hätten. MS ist grundsätzlich eine "Auswirkung", eine chronische Entzündung und die Demyelinisierung des ZNS, und mir scheint es, daß eine Reihe von kombinierten äußeren Faktoren zu einer Voraussetzung dazu führen könnte. Zum Beispiel weiß man, daß eine bakterielle Infektion chronische Entzündungen und Demyelinisierung verursachen kann, aber, weil die Ursache bekannt ist, wird dies Lyme-Borreliose statt MS genannt. Weiterhin, in seltenen Fällen führte auch eine Masernimpfung zu chronischer Entmyelinisierung und wiederum, da die Ursache bekannt ist, gilt dies nicht als MS, sondern vielmehr als chronische Rubella-Enzephalitis (Gehirnentzündung nach Röteln). Somit ist MS grundsätzlich ein zusammenfassender Begriff für chronische Entmyelinisierung aus unbekannter Ursache.

 

Wie ich im ersten Teil des Aufsatzes erörtert habe, sind Ernährungsfaktoren höchstwahrscheinlich die Haupt- aber nicht einzige - Ursache der meisten - aber nicht aller - Fälle von MS. Dies als gegeben betrachtet, ist es wichtig, durch Untersuchungen herauszufinden, ob die eigene MS in der Tat hauptsächlich durch Nahrungshypersensibilitäten und hohe Aufnahme an gesättigten Fetten verursacht ist. Wenn man Milchprodukte, Getreide, Eier, Hefe, Hülsenfrüchte und andere Hypersensibilitäten auslösende Nahrungsmittel vermeidet und einer fettarmen Diät mit Ergänzungsmitteln folgt und das Fortschreiten der MS läßt nicht nach, dann ist diese MS wahrscheinlich hauptsächlich durch andere äußere Faktoren verursacht. Die Faktoren, die unten erörtert werden, sind andere mögliche Verursacher der MS und, obwohl sie in den meisten Fällen den hypersensibilisierenden Nahrungsmitteln untergeordnet sind, mögen sie in einigen Fällen auch der Hauptverursacher sein.

 

Inhalationsstoffe

Eine andere mögliche Ursache für Immunreaktionen, die die BHS schädigen und möglicherweise T-Zellen aktivieren, sind Hypersensibilitäten (Typ I, III, IV) gegenüber Inhalationsstoffen. IgE, unmittelbare, sensible Reaktionen auf Inhalationsstoffe scheinen bei MS-Patienten verhältnismäßig selten zu sein (Oro u.a., 1996), aber IgG-Reaktionen könnten häufiger und problematischer sein. Wiederum ist ein ELISA oder RAST Blut-Allergietest, der die IgE und IgG4-Produktion durch Antigenprovokation für eine Anzahl von Inhalationsstoffen mißt, ein vernünftiger Weg zur Bestimmung, ob dies ein größerer verursachender Faktor bei der speziellen MS ist. Ist der Test für eine Anzahl von Inhalationsstoffen positiv, dann ist es wiederum wichtig, diese Substanzen zu vermeiden oder sich ihnen weniger auszusetzen. Dies könnte schwieriger sein als bei Nahrungsmitteln, aber Allergie-Spezialisten sollten in der Lage sein hinsichtlich verschiedener Methoden zur Vermeidung und Reduzierung zu beraten. Außergewöhnliche Maßnahmen, wie der Umzug in einen anderen Landesteil, können in seltenen Fällen notwendig werden.

 

Viren und Bakterien

Wie früher erörtert, können gewöhnliche virale und bakterielle Infektionen zweifellos die BHS in Mitleidenschaft ziehen und T-Zellen gegen das ZNS aktivieren. Wie durch die Erkenntnisse über die geographische Verbreitung gezeigt wurde, ist es sehr zweifelhaft, ob gewöhnliche virale und bakterielle Infektionen die Hauptursache für den Beginn und das Fortschreiten der MS sind, aber in wenigen Fällen kann ein Eintreten solch einer Infektion eine größere Rolle im Fortschreiten der Krankheit spielen. Im Hinblick auf eine bakterielle Ursache der MS wird der Leser auf eine Website hingewiesen: "ourworld.compuserve.com/homepages/GShannon". Starke Antibiotika sind nützlich in Fällen, wo Bakterien eine Signifikante Rolle in der MS spielen. Generell sollten alle Maßnahmen Infektionen zu vermeiden aufgenommen werden und jede normale Bakterieninfektion sollte mit Standardantibiotika so schnell wie möglich behandelt werden.

 

Mineralstoffe wie Zink und Selen, die das Immunsystem stärken, können wohl dazu dienen, Virusinfektionen abzuhalten (Macknin u.a., 1996) Es wurde auch vermutet, Kräuter wie Goldenseal (Goldsiegel - am. Hahnenfußgewächs) und Purpursonnenhut (Echinacea) wären wertvoll zur Stärkung des Immunsystems (Balch & Balch, 1996). Ein Problem bei diesen Kräutern ist, daß sie Hypersensibilitäten auslösen können (Goldenseal ist nahe verwandt mit Ragweed, das in Amerika in verschiedenen Formen vorkommt und bekannt dafür ist, daß es Augen- und Nasenschleimhautreizungen verursacht) und es bleibt fraglich, ob es klug ist diese Kräuter über einen längeren Zeitraum einzunehmen. Ich rate zur Vorsicht bei dem Gebrauch zur MS-Behandlung, wobei Echinacea vielleicht das sicherste Kraut ist um Viren fernzuhalten.

 

Schwermetalle

Schwermetalle können sehr toxisch auf das ZNS wirken und können somit, in einigen Fällen, eine signifikante Rolle bei der MS-Entstehung und ihrem Fortschreiten spielen. Eine der offensichtlichsten Quellen von Schwermetallvergiftung ist das Quecksilber in Zahnfüllungen.Gegenwärtig gibt es eine beachtliche Diskussion über diesen Punkt, und es ist schwierig, die Erkenntnisse von den Vermutungen zu unterscheiden. Das Ersetzen von Amalgamfüllungen ist sehr teuer und kann selbst Probleme verursachen. Es gibt jedoch genügend theoretische und fallbezogene Erkenntnisse, die darauf hinweisen, daß das Quecksilber aus Amalgamfüllungen zum Fortschreiten der MS beitragen kann. Wenn eine Ernährungsumstellung nicht zu einem wirksamen Aufhalten des MS-Fortschreitens führt, dann mag es wohl die Umstände und die Ausgaben wert sein, die Füllungen zu ersetzen.

 

Eine interessante und verständnisvolle Studie über die Wirkung von Toxinen auf das ZNS betrifft die Reaktion von 26 Frauen mit mißglückten Silikonimplantationen in die Brust (Shoab & Patton, 1996)."Alle Patientinnen zeigten Anzeichen von verstreuten ZNS-Läsionen" und 80 % hatten Oligoclonalbänder (IgG-Antikörper) in der Rückenmarksflüssigkeit. Alle Frauen hatten eine "systemische, entzündliche Autoimmunkrankheit unter Einbeziehung des ZNS", die, " ausgelöst wurde durch das fremde Material (Silikon) in ihrem Körper." Dieses Beispiel zeigt deutlich, daß fremdes, "antigenes" Material ein Versagen der BHS und entmyelinisierende Immunreaktionen verursachen kann.

Es ist wert, hinsichtlich der Schwermetallbelastung eine Blutuntersuchung machen zu lassen und sogar eine Haaranalyse (siehe Anhang). Chelattherapie kann zum Entgiften wertvoll sein, wenn anormal hohe Schwermetallwerte entdeckt werden.

 

Impfungen

Poser (1986,1993) hat festgestellt, daß Impfungen ein wichtiger Faktor beim Ingangsetzen und Fortschreiten der MS sein könnte. Angenommen, daß Impfungen tatsächlich Immunreaktionen auslösen, so können sie sehr wohl die BHS betreffen und ZNS-Entzündungen verursachen (nicht notwendigerweise eine Verschlimmerung). Poser (1986) weist auf eine Anzahl von Fällen hin, wo Impfungen zu MS führten. Die vernünftigste Erklärung für ein solche Erscheinungen ist, daß die Impfung einem bereits umkämpftes ZNS den letzten Hieb versetzte.Insgesamt würde ich empfehlen, daß Impfungen (einschließlich der Grippeimpfung) vermieden werden sollten, es sei denn, sie wären absolut notwendig.

 

Beta-Interferon

Gegenwärtig sind drei verschiedene, aber eng verwandte Medikamente für eine MS-Therapie auf dem Markt, die aus Beta-Interferon bestehen, einem Protein, das von Immunzellen abgesondert wird (Betaseron, Avonex, Rebif). Klinische Versuche haben gezeigt, daß diese Mittel die Zahl der Schübe und die läsionenbildende Aktivität reduziert und damit nützlich sind, um MS zu behandeln. Eine Reihe von Nebenwirkungen (grippeartige Symptome, lokale Reaktionen) werden oft mit diesen Mitteln in zusammenhang gebracht, aber in den meisten Fällen sind sie nicht unerträglich oder gefährlich. Depressionen können eine lästiger Nebenwirkung sein, und bemerkenswerterweise versuchten oder begingen 3 % der Studiengruppe mit Betaseron Selbstmord, wohingegen niemand aus der Plazebo-Gruppe einen Selbstmord versuchte oder beging. Eine größere Besorgnis bei der Anwendung dieser Mittel ist, daß bis zu 40 % der Patienten, die sie bis zu 3 Jahren lang nahmen, neutralisierende Antikörper gegen das Injizierte Beta-Interferon entwickelten (Thompson & Noseworthy, 1996). Die unmittelbare folge dessen ist, daß das Mittel keine nützliche Wirkung mehr hat. Noch besorgniserregender ist die Möglichkeit, daß die produzierten Antikörper gegen das vom körpereigenen Immunsystem produzierte Beta-Interferon reagieren und es neutralisieren. Wenn dies geschieht, wird das persönliche Immunsystem ernsthaft gefährdet mit wahrscheinlich fürchterlichen Folgen. Es gibt keine gesicherten Berichte darüber, daß solche katastrophalen Gegenreaktionen aufgetreten sind. Somit ist die Entscheidung diese Mittel zu nehmen eine Art Glücksspiel, und ich empfehle, das Für und Wider gründlich zu erwägen, bevor man sich entscheidet, solch eine medikamentöse Therapie zu akzeptieren.

 

Copaxon

Das neueste Medikament auf dem Markt um eine schubförmige MS zu behandeln ist "Copaxon"®, eine synthetische Chemikalie (Aminosäurecopolymer), das dem Myelineiweißbaustein ähnelt. Es war etwa 30 Jahre lang in der Entwicklung. Es ist nicht sicher, wie das Mittel wirkt um die Zahl der Schübe und die Läsionaktivität zu reduzieren, aber die wahrscheinlichste Erklärung ist, daß es als "Köder" für die T-Zellen und Antikörper, die gegen das Myelin aktiviert werden, wirkt. Damit reagierten viele Immunzellen gegen das Copaxon anstatt das Myelin anzugreifen (Wolinsky, 1995). Das Mittel scheint am wirksamsten bei einem frühen Zustand der MS zu sein (minimale Behinderung). Ein klares Verständnis der Kurz- und Langzeitnebenwirkungen von Copaxon konnte noch nicht erlangt werden. Erste Erkenntnisse deuten an, daß die Nebenwirkungen und Risiken kleiner als bei Beta-Interferon sind.

 

Mylorale und Rinderhirn-Ergänzungsmittel

Kürzlich wurde das Konzept oraler Toleranz als Grundlage für die MS-Behandlung vorgeschlagen (Weiner u.a.,1993). Der Hauptgedanke ist, daß durch das Essen von ZNS-Proteinen aus Rinderherkunft der Patient das Immunsystem gegen ZNS-Proteine desensibilisiert und die Entwicklung von unterdrückenden Immunzellen bewirkt, die Immunangriffe gegen ZNS-Proteine hemmen.

 

Zur Zeit läuft gerade ein 3-Phasen-Versuch, der diese Behandlung testet und die Ergebnisse werden Mitte 1997 erwartet. das "Mittel", das momentan getestet wird besteht aus raffiniertem Rinder-ZNS-Proteinen (einschließlich Myelineiweißbausteinen) und wird Myoral genannt. In Wirklichkeit ist Myoral nichts anderes als eine Nahrungsergänzung, die patentiert wurde. Für mich ist diese Therapie, wie andere empfohlene Ergänzungsmittel z. B. Weitraubensamenextrakt, vielversprechend, da sie wahrscheinlich wenig Nebenwirkungen hat und hilft, Immunreaktionen außer Kraft zu setzen, die mit der Einnahme von unverträglichen Nahrungsmitteln in Zusammenhang gebracht werden. Die schlimmstmögliche Nebenwirkung ist eine hypersensible Reaktion (d.h. orale Toleranz wird nicht erreicht) gegen Myloral. Offensichtlich führen Immunreaktionen gegen eingenommenes Myelineiweiß, das ins Kreislaufsystem gelangt, wahrscheinlich zu substantiellen Schäden am ZNS. Natürlich wird dieses Mittel nicht das Problem an sich lösen, kann aber ein nützlicher Zusatz zur vorgeschlagenen Ernährungsumstellung und anderen Ergänzungsmitteln sein.

 

Es lohnt sich darauf zu verweisen, daß zwei nichtpatentierte Rinderhirnprodukte auf dem Markt sind, Sphingolin und Ora-Brain. Unter dem oben angeführten theoretischen Grundsatz könnte es sich lohnen, eines dieser Produkte zu nehmen, obwohl keine optimale Dosierung bekannt ist. Als Vorsichtsmaßnahme empfehle ich, sich zu versichern, daß keine Hypersensibilität gegen diese Substanzen besteht. Außerdem könnte eine Zufallsmöglichkeit einer Krankheitsübertragung (Creutzfeld-Jakob?) gegeben sein.

 

Insgesamt könnte sich die orale Myelintherapie für viele Patienten als sehr segensreich im Kampf gegen die MS herausstellen und eine Ergänzung zur Ernährungsumstellung sein.