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Cortison?????

Jamiri beim Neurologen

Mein Neurologe hat mich seit neun oder zehn Jahren nicht mehr gesehen, da er ausser Cortison und Copaxone bzw. Interferon nix kennt, die Homoeopathie, die mich nach subjektivem Empfinden am Leben haelt, definiert er als "in den Bodensee gespuckt und an der Nordsee einen Schluck Wasser getrunken", meinen damaligen Schub als "Kirchturmspitzen im Stausee bei Niedrigwasser, die im Winter, wenn das Wasser wieder hoehersteht, auch wieder untergehen, man koenne natuerlich mit etwas Cortison (5*1000 mg) ..."

Bei dieser Gelegenheit hat er mich auch das letzte Mal gesehen, brauch ich definitiv nicht, da hat mich Hebeners Ernaehrungsgrundsatz in den letzten sieben jahren Lichtjahre weiter gebracht ...

Die gleiche Dosis hatte er mir direkt nach der Diagnose vor 15 Jahren verpasst, und als ich das irgendwann endlich verkraftet und ueberwunden hatte, habe ich mir geschworen, in meinem Leben nie wieder Cortison an mich heran zu lassen, die damit einhergehenden Nebenwirkungen waren fuenfzigmal schlimmer als alle vorgeblichen Symptome, die er damit zu behandeln versuchte.

Was Wolfgang Weihe ueber Cortison sagt ...

II. Cortison

Gibt es eine „Heil“-Entzündung oder ist das schnellere Abklingen eines MS-Herdes unter Cortison zu teuer erkauft? Unter der Annahme, daß die MS eine Autoaggressionskrankheit ist, bei der „wildgewordene“ Lymphozyten die weiße Hirnsubstanz zerstören, wird Cortison bei der MS eingesetzt, um die Angriffslust der weißen Blutkörperchen zu dämpfen. Die Cortison-Therapie hat viele verwirrende Aspekte.

Es beginnt damit, daß Cortison zusammen mit Adrenalin und Noradrenalin ein Stresshormon ist und die Kampfbereitschaft, den Blutdruck und den Blutzucker erhöht. Gleichzeitig unterdrückt es aber die Wundheilung und die Immunabwehr. Deshalb gilt es auch in der Chirurgie als ein schwerer Kunstfehler, wenn man eine Wunde mit Cortisonsalbe behandelt oder einem frisch Operierten Cortison verabreicht.

Die Merkwürdigkeit, auf die ich hier hinweisen möchte, ist also, daß man versucht, eine Entzündungskrankheit dadurch zu behandeln, indem man den Körper unter Stress setzt und ihm ein Medikament gibt, das die Abheilung beeinträchtigt. Ein weiterer erstaunlicher Punkt ist, daß es bei einem so wirkungsvollen Medikament bisher nicht gelungen ist, die optimale Dosierung herauszufinden. In den sechziger Jahren war es Standard, jeden Patienten mit einem frischen Schub über eine Woche mit zweimal 50mg Prednisolon i.m. pro Tag zu behandeln. Dann setzte sich eine Zeitlang die Behandlung in Tablettenform durch, und jetzt wird seit Beginn der neunziger Jahre in vielen Kliniken eine hochdosierte Infusionstherapie mit 1000 mg Prednisolon über 3 bis 7 Tage durchgeführt. Keine der Behandlungen hat sich den vorangegangenen gegenüber als nachweisbar überlegen erwiesen, und es ist damit zu rechnen, daß es schon bald zu einer neuen „Mode“ in der Cortisontherapie kommen wird. Sie ist bereits in Sicht: die Intervalltherapie mit Cortison. Dabei sollen die Patienten regelmäßig alle 3 Monate eine dreitägige hochdosierte Infusionstherapie bekommen, unabhängig davon, ob sie Schübe haben oder nicht.

Es gibt also eine ganze Reihe von Unklarheiten, was die Behandlung mit Cortison betrifft, daneben aber auch einige echte Probleme. Das größte sind die Nebenwirkungen, nicht nur das kosmetisch entstellende Vollmondgesicht und die Akne, sondern auch die erhöhte Gefahr ein Magengeschwür zu bekommen oder eine Lungenembolie zu erleiden, und vor allem die Knochenerweichung (Osteoporose), die nach einer zu häufigen Anwendung auftritt. Der Kalk löst sich in den Knochen auf, und sie zerbrechen bei geringster Belastung. Die betroffenen Patienten leiden unter schlimmsten Schmerzen, die selbst durch Morphium nicht gelindert werden können. Trotzdem ist Cortison bei den Patienten sehr beliebt. Das hat zwei Gründe: Es verkürzt den Schub und hinzu kommt, daß es einen euphorisierenden Effekt hat, d.h. daß sich die Patienten unter Cortison stimmungsmäßig „besser“ fühlen.

Die Cortisonwirkung ist oft so eindrücklich, daß man sich ihrer Überzeugungskraft kaum entziehen kann. Man muß sich das möglichst plastisch vor Augen halten, um nicht in der Diskussion aneinander vorbeizureden, denn als Gesunder ist man allzu leicht geneigt, den Glauben von MS-Patienten an „ihr“ Cortison als kritiklos abzutun, wenn man den zauberhaften Effekt nicht am eigenen Leib gespürt hat. Stellen Sie sich einmal einen Patienten vor, der seit einer Woche ein ringförmiges Spannungsgefühl unterhalb des Rippenbogens verspürt, als werde er von einer Riesenfaust umklammert. Wegen zunehmender Gangstörungen wird er bettlägerig und gleich unter der ersten Infusion mit Cortison bemerkt er, wie sich seine Lebensgeister erholen, und bereits am nächsten Tag ist er wieder in der Lage, kurze Strecken zu gehen. Wer so etwas einmal erlebt hat, hat wenig Verständnis für Ärzte, die sagen, daß Cortison bei der MS eher schade als nutze.

Die Schübe bilden sich lediglich schneller, aber nicht besser zurück.

Aber die Bedenken bleiben: Unter Cortison bilden sich die Ausfälle lediglich schneller, aber nicht besser zurück, und die Hauptsorge ist, daß Cortison die Abheilung der Entzündungsherde beeinträchtigt. Wie kann das sein, werden sich viele von Ihnen fragen, wenn sich die Symptome doch offensichtlich bessern? Wenn ein MS-Herd entsteht, bildet sich um ihn herum eine entzündliche, wässerige Schwellung aus, ganz ähnlich wie bei einem Insektenstich. Man spricht auch von einem Umgebungsödem. Dieses läßt den Herd größer erscheinen, als er in Wirklichkeit ist.

Cortison wirkt nun wie ein Schwamm oder Löschpapier, es saugt das Wasser aus dem geschwollenen Gewebe, und es kommt zu einer raschen Besserung, weil der Druck auf die Nerven nachläßt. Doch das Wunder ist nur scheinbar, weil die Besserung nach ein paar Tagen auch ohne das Cortison eingetreten wäre.

Es besteht also absolut kein Zweifel daran, daß durch Cortison die Rückbildung der Symptome beschleunigt wird, aber es ist durchaus nicht sicher, ob dadurch auch der Heilungsprozeß selbst günstig beeinflußt wird. Schließlich handelt es sich ja bei dem Umgebungsödem um eine vernünftige Reaktion des Körpers.

Wenn man es vorzeitig zum Abklingen bringt, besteht die Gefahr, daß die Entzündung nicht gründlich genug bekämpft wird, und daß es zu einer zu schnellen und unvollständigen Narbenbildung kommt, die evtl. zu einem immer neuen Aufflackern der Entzündung in alten MS-Herden führt.

Je früher, desto besser?

Was bei vielen Krankheiten gilt, je früher man sie behandelt, desto besser heilen sie aus, gilt bei der Cortisontherapie der MS nicht. Nicht alles Gute kommt aus Amerika, aber ich denke, man sollte es mit Cortison so handhaben, wie es die Engländer und Amerikaner tun: Sie warten erst einmal ab, ob es sich um einen leichten Schub handelt, der sich von allein wieder zurückbildet. Sind die Ausfälle jedoch erheblich, so daß z.B. jemand die Gehfähigkeit verliert, wegen „tanzender“ Augen nicht mehr lesen kann oder wegen einer schweren Ataxie gefüttert werden muss, dann sollte man sich trotz aller Bedenken für diese Therapie entscheiden. Dasselbe ist der Fall, wenn die Ausfälle über mehr als 7 Tage langsam fortschreiten.